Die EU-Kommission kümmert sich gern um alles, was ihr so in den Sinn kommt. Das hatten wir hier ja auch schon öfter mal aufgegriffen.
Ein weiteres Thema, dass unsere Eurokraten gerade zu weiterer Bürokratie in Form einer neuen Richtlinie verarbeiten, ist Wasser.
Wasser ist wichtig und es ist bestimmt vertretbar, der Wasserqualität einen gewissen Rahmen zu geben. Ich bin zwar nicht sicher, ob das wirklich ein EU-weiter Rahmen sein muss, wenn es um schon aus technischen Gründen nur sehr regional gehandeltes Leitungswasser geht. Aber mit irgendwas müssen sich die Jungs und Mädels in den Brüsseler Glaspalästen ja den lieben langen Tag beschäftigen. Von mir aus also auch mit EU-weiten Regeln für Leitungswasser. Schadet ja nichts.
Oder doch?
Wie so oft droht man hier leider wieder einmal völlig über jedes sinnvolle Ziel hinauszuschießen. Denn statt sich um einheitliche Standards für die Trinkwasserqualität zu kümmern, was ja für die meisten Gegenden in Deutschland bereits irrelevant genug wäre, weil das hier ein gelöstes Problem ist, steht plötzlich die Idee im Raum, dass Gastwirte bitte demnächst Leitungswasser gratis anbieten müssen sollen.
Das hat mit dem eigentlichen Thema der Trinkwasserrichtlinie nicht nur herzlich wenig zu tun, sondern es verkennt auch völlig die Aufgabe jeglicher Gastronomie.
Die besteht ja nicht in erster Linie darin, die Nahversorgung der Leute sicherzustellen. Dafür gibt es Supermärkte, wo man Wasser und andere Lebensmittel vielleicht nicht gratis aber zu regelrechten Schleuderpreisen von wenigen Cent bei guter Qualität bekommen kann.
Der Job der Gastronomie ist es, einen gewissen Service in gemütlicher oder besonderer Atmosphäre anzubieten. Dazu gehört, dass einem die gewünschten Getränke und Mahlzeiten direkt an den Tisch gebracht werden und man sich selbst um nichts kümmern muss – schon gar nicht um so lästige Dinge wie Abwasch oder Einkauf.
Die nur faire andere Seite dieses Deals ist es, dass man über einen Preis, der logischerweise weit über dem „Materialwert“ insbesondere des Getränks liegt, die Leute dafür bezahlt, die einem hier dafür jeden kulinarischen Wunsch erfüllen.
Ob das Wasser nun also im Supermarkt den Literpreis von 13 Cent oder aus der Leitung 0,1 Cent pro Liter kostet: Der Viertelliter im Glas am Kneipentisch kostet eben nicht deshalb 2 Euro, weil alleinsein Inhalt diesen Preis rechtfertigen würde oder der Wirt unfassbar gierig wäre. Sondern der nötige Gesamtaufwand in Form von Infrastruktur und Personal, um dieses Gläschen Wasser freundlich lächelnd dem Kunden vor die Nase zu stellen, kostet einfach sehr viel mehr Geld, als das Wasser selbst. Diese Kosten sind vorhanden, daran kann nicht mal die EU etwas ändern.
Wem die Serviceleistung Wasser-in-der-Kneipe zu teuer ist, der kauft sein Wasser seit jeher direkt im Supermarkt oder nimmt sich ein Glas aus der Leitung. Letzteres ginge theoretisch sogar in jeder Kneipe und in jedem Restaurant. Für das Glas müsste man dann zwar gegebenenfalls schon selber sorgen aber auf der Toilette kann man, wenn es so dermaßen auf jeden Euro ankommt, durchaus mal nen Schluck Wasser gratis nehmen.
Dass man nicht ausgerechent ein Gasthaus aufsucht, um möglichst kostengünstig etwas zu trinken zu kriegen, weiß allerdings auch jedes Kind. Sofern aber „Wasser ist viel zu teuer“ ein Problem sein sollte, dann ist es auf unterschiedliche Weise längst gelöst. Zuhause kosten 1000 Liter Leitungswasser in trinkwasserqualität weniger als einen Euro, viele baden wortwörtlich sogar darin.
Angeblich möchte die EU allerdings mit ihrer Gratiswasser-Idee auf Kosten der Gastwirte ein ganz anderes Problem lösen. Und zwar soll dass dazu führen, dass weniger Wasser in Plastikflaschen gekauft wird.
So, und was haben nun ausgerechnet Gastwirte damit zu tun, in welchen Flaschen Wasser so verkauft wird? Die verkaufen ihres normalerweise in Gläsern, vielleicht noch in Karaffen, meist aber ja dann doch in Glasflaschen. Wenn es Plastikflaschen sind, dann sind es in der Regel Mehrwegflaschen. Über deren Umweltbilanz kann man von mir aus dann auch streiten aber zumindest werden insbesondere Gastwirte die ja nun nicht irgendwo in die Wicken schmeißen, wenn sie leer sind.
Und selbst Einwegflaschen, die praktisch Müll sind, sind ja seit langem mit einem Zwangspfand belegt, so dass die, selbst wenn sie mal achtlos weggeworfen werden, normalerweise früher oder später von irgendwem aufgesammelt und eingelöst werden. Vier Flaschen ergeben einen Euro, dafür kann man zum Beipsiel schon wieder mehrere Liter Mineralwasser kaufen gehen.
Die EU-Kommission schafft es hier wieder einmal, Lösungen für längst gelöste Probleme zu erfinden, die unter dem Strich für niemanden einen ernsthaften Vorteil bringen, Gastwirte aber gleichzeitig viel Geld kosten.
Achso, dem klammen Gasthaus-Kunden, der sich dorthin verirrt, obwohl er es sich eigentlich nicht leisten kann, böte Gratis-Wasser eigentlich schon einen Vorteil? Okay, das kann man so sehen. Wenn man Kommunist ist oder so.
Aber wenn dass wirklich das Ziel ist, dann frage ich mich wirklich, warum man dann ausgerechnet und ausschließlich das ohnehin für jeden extrem günstig beschaffbare Wasser so privilegieren wollen würde. Warum nicht gleich ein komplettes „free lunch“ auf Kosten der Wirte?
Und da in meiner Welt niemand ernsthaft in ein Gasthaus geht, um Wasser zu trinken, war mein erster Gedanke bei dieser Meldung denn auch: Warum eigentlich bloß Wasser und nicht gleich Bier?